Psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren

Verletzte Zeuginnen und Zeugen im Strafverfahren haben das Recht auf eine qualifizierte und professionelle Begleitung vor, während und nach der Gerichts­verhandlung. Ausgehend von den Erfahrungen und Erlebnissen vieler Opfer von Straftaten, dass der gesamte Verlauf eines Prozesses – von der Entschei­dung, Anzeige zu erstatten bis zum rechtskräftigen Urteil – für sie sehr belas­tend ist, folgt, dass eine besondere Begleitung in Form einer professionellen Psychosozialen Prozessbegleitung notwendig ist. Sie umfasst eine qualifizierte Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung mit dem Ziel eine dro­hende Sekundärviktimisierung durch ein Strafverfahren zu vermeiden.

Die vom BPP entwickelten Qualitätsstandards dienen dazu, verletzten Zeugin­nen und Zeugen eine bundesweit einheitliche, qualitativ hochwertige und ver­bindliche Versorgung zu gewährleisten. Sie sind entwickelt worden, um einen klaren Rahmen für die Durchführung einer Psychosozialen Prozessbegleitung und für das Anforderungsprofil an professionell Tätige festzulegen sowie Erfor­dernisse an die notwendigen institutionellen Rahmenbedingungen zu benen­nen. Die Angebotsformen zur Psychosozialen Prozessbegleitung und deren qualitative Bewertung sollen dadurch für Verletzte, deren Bezugspersonen, die Strafverfolgungsbehörden, die Justiz und die Fachöffentlichkeit transparent und überprüfbar sein.

Wer bekommt die Psychosoziale Prozessbegleitung

Verletzte Zeuginnen und Zeugen bei

  • bestimmten Straftaten zur Tatzeit Minderjährige oder Personen, die ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können (u.a. Sexueller Missbrauch und Misshandlung von Schutzbefohlenen, Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung)
  • bestimmten Straftaten zum Zeitpunkt der Antragstellung Minderjährige oder Personen, die ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können (u.a. Aussetzung, schwere Körperverletzung, Menschenhandel, Zwangsheirat, schwere Nachstellung, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme, Raub, räuberischer Diebstahl, räuberische Erpressung)

Ein Ermessen hat das Gerichts bei

  • bestimmten Straftaten (u.a. sexuelle Nötigung, Menschenhandel, versuchte Tötung; Angehörige bei vollendeten Tötungsdelikten)
  • bestimmten Straftaten (u.a. schwere Körperverletzung, Menschenhandel, Nachstellung, Geiselnahme, Raub, räuberischer Diebstahl, räuberische Erpressung) mit der Folge schwerer körperlicher oder seelischer Schäden
  • und jeweils besonderer Schutzbedürftigkeit des Verletzten

 

Die Beiordnung für die Verletzte/den Verletzten ist  kostenfrei.

 

Grundsätze der Beiordnung von psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleitern

  • Antrag der/s Verletzten
  • Anspruch oder Ermessensentscheidung
  • Verweis auf Regelung zur Bestellung eines Nebenklägervertreters ( § 397a StPO )